Die Kinderherzklinik der Medizinischen Hochschule Hannover hat Weltgeltung: Spitzenmediziner, hoch motivierte Mitarbeiter und modernste Diagnose- und Behandlungsverfahren stehen hier bereit. Aber für die bessere Betreuung der Patienten und ihren Angehörigen fehlt oft das Geld. Deshalb sorgen wir dafür, dass Eltern der herzkranken Kinder in Kunsttherapie neue Kraft schöpfen können – denn: Wer herzkranken Kindern helfen möchte, der muss sich auch um ihre Familien kümmern! Eine Kunsttherapeutin bringt Farbe und Fröhlichkeit in den Alltag der jungen Patienten, bietet aber auch deren Eltern und am Wochenende sogar den ganzen Familien “gute Gefühle”.
Die Kunsttherapie gehört längst zu einem festen wöchentlichen Angebot in der Kinderherzklinik der MHH, auf das sich die jungen Patient*innen freuen, wenn ich mittwochs mit meinem bunten Malwagen mit den Farben, Pinseln, Stiften und Leinwänden auf die Station 68b komme. Das befreiende und entspannende kreative Arbeiten mobilisiert oft Ressourcen, mit denen belastende Situationen im fremdbestimmten Klinikalltag besser bewältigt und Heilungsprozesse unterstützt werden können. Insbesondere für Kinder, die aufgrund ihrer schweren Herzerkrankung einen langen Klinikaufenthalt bewältigen müssen, ist es wichtig, die Aufmerksamkeit auf ihre Ressourcen, Kräfte und Kreativität zu lenken.
So gab es beispielsweise 2023 zwei Kinder, die über viele Monate auf ein Spenderorgan gewartet haben und für die die Kunsttherapie zu einem festen, wichtigen Termin in ihrem Wochenplan gehörte. Meine kunsttherapeutische Arbeit mit diesen beiden Kindern bzw. deren Mutter spiegelt meine Arbeit passend wider, die ich daher hier kurz aufführe. Die achtjährige Klara war seit Juli 2022 HTX gelistet und verbrachte ca. ein Dreivierteljahr auf der Station 68b. Trotz ihrer filigranen Erscheinung war es erstaunlich wieviel Energie sie beim kreativen Arbeiten entwickelte, sie sprudelte voller Ideen. Da nicht absehbar war, wann ein passendes Organ für Klara gefunden werden würde, wurde Klara Ende März 2023 mit einem Kunstherz entlassen, um zu Hause auf ein Spenderherz zu warten. Nur wenige Tage später erhielt die Familie dann überraschend den ersehnten Anruf. Klara wurde nach zehn Monaten Wartezeit im April 2023 erfolgreich transplantiert.
Klara malt ein Bild zum Thema Unterwasserlandschaft, das für die Gestaltung des Fahrstuhls verwendet wurde. Passend zu Klaras Geburtstag wurde die Gestaltung des Fahrstuhls fertig. Klara bestaunt den neuen farbenfrohen Fahrstuhl und entdeckt ihre Fische an der Wandgestaltung, die sie zuvor gemalt hatte. Stets schiebt Klara Ihr Puppenwagen mit, in dem sich ihr „Kunstherz“ befindet und den sie geleichzeitig zum „Transportwagen“ für ihre Bastelutensilien nutzt, die sie in der Kunsttherapie verarbeiten möchte. Klara entdeckt, dass sie mit allem malen kann, mit Pinsel, Schwämmchen und gern auch mit den Händen.
Ein buntes Herz lenkt manchmal ein wenig von den medizinischen Notwendigkeiten ab und bringt Farbe in den Klinikalltag.
Adventszeit auf der Station 68b. Klara bastelt in der Kunsttherapie einen Adventskalender für ihre kleine Schwester, die zu Hause auf Klara wartet.
Neben dem Malen entwickelte Klara zunehmend Lust, Möbel für ihre kleinen Playmobilfiguren zu basteln und stattet ganze Räume mit in der Kunsttherapie angefertigtem Inventar aus. Möglicherweise war Klara inspiriert von dem Beruf ihres Vaters als Architekt. Auch könnte sich Klaras Wunsch widerspiegeln, endlich einmal wieder zu Hause mit Mama in ihrem eigenen Kinderbett zu kuscheln.
Elternmalen (Mutter und Kind)
Das Elternmalen hat sich seit der Corona Pandemie in den Klinikalltag und das kunsttherapeutische Malen mit den Kindern integriert. Es gibt inzwischen keine festen Zeiten mehr für das Elternmalen, stattdessen biete ich je nach möglichen individuellen Zeiten und Wünschen des Elternteils Elternmalen, je nach Situation und Bedarf auch mit dem Kind. Ähnlich wie Klara hat auch der 13-jährige Julian monatelang in der Herzklinik der MHH auf ein Spenderherz gewartet, begleitet von seiner Mutter. Um die Wartezeit auf ein Spenderorgan auf der St. 68b zu verkürzen erhielt Julian schließlich eine künstliche Herzklappe und konnte nach ca. einem halben Jahr Aufenthalt entlassen werden, um zu Hause auf ein Spenderherz zu warten. Mit seinen 13 Jahren und somit beginnender Pubertät war es für Mutter und Sohn gleichermaßen eine Herausforderung, den fast halbjährigen Klinikaufenthalt weit weg von der Familie und den Freunden zu bewältigen. Nach Julians anfänglicher Skepsis bezüglich des Malens entwickelte sich die Kunsttherapie schließlich zu einem kontinuierlichen Angebot jeden Mittwoch im Kunsttherapieraum (sonst das Arztzimmer), sowohl für Julian als auch für die Mutter.
Bei unserem ersten Kennenlernen hatte Julian zunächst keine Lust, jedoch reagierte Julians Mutter sehr aufgeschlossen auf das Malangebot, auch wenn sie selbst sich als „nicht kreativ“ bezeichnen würde. Beim ersten Kunsttherapietermin begleitete Julian seine Mutter und schließlich ließ auch Julian sich auf das Malen ein. Schnell merkte Julian, dass sich das Malen in der Kunsttherapie stark vom Kunstunterricht in der Schule unterschied und „sogar Spaß macht“. In seinem Bild „machen zu können was ich will“, zu experimentieren und sich überraschen zu lassen was am Ende entsteht, diese Erfahrungen machten sowohl Julian als auch seine Mutter. Während der fast sechsmonatigen Aufenthaltsdauer haben Julian und seine Mutter wöchentlich gemeinsam im Kunsttherapieraum der St. 68b ihre jeweiligen Bilder gemalt.
Julian machte es Spaß mit flüssigen Farben, Pinsel, Spachtel und Schwämmchen zu experimentieren, mutig zu übermalen, Farben auf dem Papier zu vermischen, Ordnungen zu verändern und durcheinander zu bringen um Neues entstehen zu lassen.
Julians Mutter malte mit zarten Pastellkreidetönen Übergänge in hellen Farbtönen. Bei der gemeinsamen Bildbetrachtung mit Julian und seiner Mutter stellten beide fest, dass etwas auf dem Bild fehle. Julian hatte eine Idee und so überließ die Mutter Julian ihr Bild, um es weiter zu malen. Staunend beobachtete die Mutter Julian, wie er mutig mit dem Pinsel mit schwarzer Farbe ohne Vorzeichnung die Friedenstaube auf das Bild malte. Ein kraftvolles Statement!
Julians Mutter malte an zwei Terminen ein Bild mit Aquarellstiften. Die gelbe Farbfläche wirkt wie ein Ausgang, Helligkeit, die in der Dunkelheit leuchtet und Hoffnung zeigt, Licht am Ende des Tunnels…
Elternmalen (Mutter von Station 67)
Manchmal fehlen die Worte für Hoffnung oder auch Verzweiflung, wenn sich die Eltern neben ihrem schwer kranken Kind machtlos fühlen. Bei dem kleinen Maximilian der Familie T. wurde erst zwei Tage nach der Geburt ein schwerer Herzfehler festgestellt. Michael Sasse hatte mit mir Kontakt aufgenommen, ob ich die Eltern des kleinen Maximilians mit meinem Kunsttherapieangebot unterstützen könne. Daraufhin verabredete ich mich mit der Mutter, die in Gedanken an ihren kleinen Sohn ein Bild für ihn malte, das für Frau T. eine besondere Bedeutung hatte. Das leuchtende Herz in warmen Orangeton sollte die Reinheit und die Lebenskraft darstellen. In der Umgebung gab es sowohl helle als auch dunkle Schattierungen. Das Malen hat Fr. T. als eine berührende Erfahrung für ihren Verarbeitungsprozess erlebt. Ihr gemaltes Bild spiegelte für Frau T. ihre Hoffnungen aber auch Ängste wider. Gleichzeitig erlebte Fr. T. den Malprozess beruhigend und kraftspendend…
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